Homeoffice – Unfall und Schaden

Homeoffice hat sich pandemiebedingt weit verbreitet und wird wohl auch in Zukunft einen erheblich größeren Stellenwert als bisher erhalten. Nach einem Jahr seit der letzten Beschreibung der rechtlichen Rahmenbedingungen (hier unter Homeoffice – Rahmenbedingungen ) und einem Hinweis auf den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es zu Unfällen im Homeoffice auch die ersten höchstrichterlichen Entscheidungen:

Homeoffice - Unfall
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Bei Arbeitsunfällen gilt die Unterscheidung zwischen dem Weg zur Ort der Tätigkeit, einem Betriebsweg oder einem in der gesetzlichen Unfallversicherung unversicherten Weg.

Wegeunfall

Auch im Jahr 2021 hat sich an den gesetzlichen Regelung in § 8 Absatz 2 Nr. 1 SGB VII und der entsprechenden Rechtsprechung nichts geändert: Erforderlich ist nach wie vor das „Durchschreiten der Haustür“ (Originalformulierungen aus der Rechtsprechung). Dies bedeutet, dass bei Arbeiten im Homeoffice im eigenen Haus oder der Wohnung nie Versicherungsschutz bei einem Wegeunfall eintreten kann.

Zur Begründung wird in aktuellen Entscheidungen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9.11.2020, Az. L 17 U 487/19, nicht rechtskräftig) darauf hingewiesen, dass nur so die Grenze zwischen dem unversicherten häuslichen Lebensbereich dem versicherten Bereich objektiv im Interesse der Rechtssicherheit bestimmt werden könne.

Diese Unterscheidung dürfte aufgrund der pandemiebedingten und der politische gewollten Ausweitung des Arbeitens im Homeoffice überholt sein. Eine Änderung der Regulierungspraxis der Berufsgenossenschaften ist aufgrund der zunehmend restriktiven fiskalisch gesteuerten Regulierungspraxis aber nicht in Sicht.

Unfall auf Betriebsweg

Auch ohne „Durchschreiten der Haustür“ besteht eine Einstandspflicht der Berufsgenossenschaft für Unfälle auf sogenannten Betriebswegen. Nach der Definition handelt es sich hierbei um Wege „die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden“. Nach der feinsinnigen Unterscheidung des Landessozialgerichtes Nordrhein-Westfalen ist der Weg zum Homeoffice (genauso wie der Weg vom Homeoffice) „nachhause“ aber kein Betriebsweg. In dem entschiedenen Fall führte dies dazu, dass ein Arbeitnehmer, der auf dem Weg in das Homeoffice schwer gestürzt war, keine Leistungen der Berufsgenossenschaft erhielt (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9.11.2020, Az. L 17 U 487/19, nicht rechtskräftig).

Anders wäre der Fall wohl zu entscheiden gewesen, wenn der Arbeitnehmer auf der gleichen Treppe gestürzt wäre, als er beispielsweise nach einem Druckauftrag aus dem Homeoffice aus einem entfernten Drucker Papier entnehmen wollte. Dies belegt bereits die Willkürlichkeit der vorgenommenen Unterscheidung.

Diese Entscheidung zeigt aber erneut, dass der häufig politisch in den Vordergrund gestellte Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung in der Praxis für keinen Arbeitnehmer ausreicht.

Eigene Absicherung gegen Unfall

Versicherungsschutz wäre in der vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschieden Fall nur durch eine private Unfallversicherung zu erhalten gewesen. Diese ist typischerweise schon mit monatlichen Beträgen von 8-15.- € zu erhalten.

Aufgrund des überschießenden Schutzes für Unfälle im Privatbereich können diese Prämien aber ohne gesonderte Vereinbarung weder ganz oder teilweise vom Arbeitgeber verlangt werden.

Eigene Absicherung gegen Schäden an Sachen des Arbeitgebers

Ein weiteres Thema ist die Haftung des Arbeitnehmers auf Schadenersatz für Schäden an vom Arbeitgeber überlassenen Gegenständen, wie Rechner, Bildschirme, Tatstaturen, Mäuse und Drucker. Hier kommt dem Arbeitnehmer sicherlich die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung nach den Grundsätzen der Arbeitsgerichtsbarkeit zu Gute. Es bleiben aber die Fälle grob fahrlässiger Verursachung, beispielsweise durch Kinder oder Haustiere.

Versicherungsschutz wäre für solche Fälle nur durch eine private Haftpflichtversicherung zu erhalten. Diese ist typischerweise schon mit monatlichen Beträgen von 5-6- € zu bekommen.

Auch hier gilt, dass aufgrund des überschießenden Schutzes für Unfälle im Privatbereich diese Prämien aber ohne gesonderte Vereinbarung weder ganz oder teilweise vom Arbeitgeber verlangt werden können.

Homeoffice-Vereinbarung notwendig

Eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Arbeit im Homeoffice ist in jedem Fall notwendig.

Neben Arbeitsschutzbelangen sollte die Aufmerksamkeit hier weniger auf die meist geringen Mehrkosten beim Stromverbrauch im Homeoffice sondern eher auf eine anteilige Beteiligung an Versicherungsprämien für eine private Unfall- und Haftpflichtversicherung für die Dauer des Homeoffice gerichtet sein, weil die Absicherung durch die gesetzliche Unfallversicherung und die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung nicht ausreicht.

Ausschlussfristen und Schadenersatz des Arbeitgebers

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 15. Dezember 2016, Az. 6 AZR 578/15) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem es der Arbeitnehmer versäumt hatte, Zahlungsforderungen rechtzeitig geltend zu machen, so dass diese nach der vereinbarten Ausschlussfrist verfallen waren. Er hatte geltend gemacht, dass ihm ein entsprechender Schadensersatzanspruch gegenüber dem Arbeitgeber zustände, weil in dieser ihm eine falsche Auskunft gegeben habe.

Das Bundesarbeitsgericht stellt klar, dass es keine allgemeine Pflicht des Arbeitgebers gäbe, Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen. Wenn er aber Auskünfte erteile, müssten diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Eine Auskunft setze aber voraus, dass der Arbeitnehmer eindeutig Informationen vom Arbeitgeber zu bestimmten Fragen verlangt hätte. Selbst wenn dies erfolgt wäre, hafte der Arbeitgeber lediglich, wenn er schuldhaft eine falsche oder unvollständige Auskunft erteilt habe (Urteil BAG, Urteil vom 5. Dezember 2016, Az. 6 AZR 578/15). Bei dieser Bewertung sei im Übrigen zu berücksichtigen, welche Beratungsmöglichkeiten des Arbeitgebers über Verbände, etc. gegeben seien und ob nicht seitens des Arbeitnehmers ein Mitverschulden vorläge, weil dieser eigene Beratungsmöglichkeiten über Rechtssekretär oder Rechtsanwälte versäumt hätte (BAG, Urteil vom 10. Juli 2012, Az. 9 AZR 11/11).

Schadenersatz für voreilige Strafanzeige

Nicht nur ein Arbeitnehmer kann sich im Rahmen von Whistleblowing schadenersatzpflichtig machen, wenn er voreilig Strafanzeige gegen den Arbeitgeber stellt. Nach Auffassung des Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 6.11.2014, Az. 11 Ca 3817/14) sind die gleichen Maßstäbe aufgrund der im Arbeitsverhältnis geltenden Nebenpflichten auch auf den Arbeitgeber anzuwenden. Im dortigen Fall musste der Arbeitgeber Schadenersatz leisten, weil er voreilig ohne ausreichende Ermittlungen Strafanzeige gegen einen ehemaligen Mitarbeiter erstattet hatte.