Nachdem die Jobcenter die Trinkgelder von Hartz IV abziehen wollen, führte die absehbare Lücke im Mindestlohngesetz (MiLoG) dazu, dass einzelne Arbeitgeber erhaltene Trinkgelder auf den Mindestlohn anrechnen wollen. Sehr häufig wird hier nach “Sinn & Zweck” des MiLoG argumentiert. Das führt bei einem schnell gestrickten Gesetz nicht weiter, bei dem die Bundesregierung eine Anrechnung recht weitgehend bei “funktionaler Gleichwertigkeit der Leistungen” für möglich hielt, eine genaue gesetzliche Regelung jedoch nicht vornahm.
Einfach ist die Lage, wenn es nur eine einseitige Anweisung oder keine schriftliche (§ 2 NachwG) Vereinbarung über die Anrechnung von Trinkgeld gibt: Dann ist die Anrechnung ausgeschlossen, egal, ob die Trinkgelder persönlich vereinnahmt oder gesammelt und aufgeteilt werden.
Durch eine Vereinbarung könnte man aber Trinkgelder als Sachbezug gemäß § 107 Absatz 2 GewO anrechnen. Folge wäre dann zunächst, dass solche Sachbezüge im Krankheitsfall nach § 4 EntgeltfortzahlungsG fortzuzahlen wären. Für die Wirksamkeit käme es dann maßgeblich auf den genauen Inhalt einer solchen Vereinbarung an, die aber kaum rechtssicher zu formulieren wäre.