“Einfach erfasst” – App vom BMAS für das MiLoG

Das Bundesministerium für Arbeit (BMAS) bietet unter der Bezeichnung „einfach erfasst“ eine kostenlose Android-App zur Erfassung der Arbeitszeiten nach § 17 Mindestlohngesetz an. Eine iOS-Version soll folgen. Obwohl im Zusammenhang mit den Dokumentationspflichten eines Arbeitgebers nach dem Mindestlohngesetz von „Dokumenten“ die Rede ist (§ 17 MiLoG), gehen offensichtlich das Ministerium und der Zoll davon aus, dass Arbeitszeitaufzeichnungen auch jederzeit veränderbar elektronisch geführt werden dürfen.

Inhaltlich werden je Kalendertag Beginn und Ende der Arbeitszeit und etwaige Pausen erfasst und per Mail an den Arbeitgeber versandt. Ohne die Eingabe von Pausen werden die Mindestpausen nach dem Arbeitszeitgesetz abgezogen. Obwohl dies auch in diversen Zeiterfassungssystem praktiziert wird, ist dies bei der ministeriellen BYOD-Kampagne schon der erste Verstoß gegen das Mindestlohngesetz.

Weitere Probleme verursachen die bestehenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Das soll wohl durch den Hinweis des BMAS in den Nutzungsbedingungen relativiert werden, wonach kein Arbeitgeber verpflichtend diese App zur Nutzung vorschreiben könne. Weit problematischer dürften Fragen bei der Beschädigung oder des Verlustes des privaten Smartphones sein, wenn es für die Arbeitszeiterfassung genutzt wird. Jedenfalls in den Fällen, in denen das Smartphone auf Veranlassung des Arbeitgebers zur Erfassung der Arbeitszeit mitgeführt wurde, dürfte grundsätzlich ein Aufwendungsersatzanspruch bei Verlust oder Beschädigung gegenüber dem Arbeitgeber bestehen.

Anrechnung von Trinkgeld auf Mindestlohn?

Nachdem die Jobcenter die Trinkgelder von Hartz IV abziehen wollen, führte die absehbare Lücke im Mindestlohngesetz (MiLoG) dazu, dass einzelne Arbeitgeber erhaltene Trinkgelder auf den Mindestlohn anrechnen wollen. Sehr häufig wird hier nach “Sinn & Zweck” des MiLoG argumentiert. Das führt bei einem schnell gestrickten Gesetz nicht weiter, bei dem die Bundesregierung eine Anrechnung recht weitgehend bei “funktionaler Gleichwertigkeit der Leistungen” für möglich hielt, eine genaue gesetzliche Regelung jedoch nicht vornahm.

Einfach ist die Lage, wenn es nur eine einseitige Anweisung oder keine schriftliche (§ 2 NachwG) Vereinbarung über die Anrechnung von Trinkgeld gibt: Dann ist die Anrechnung ausgeschlossen, egal, ob die Trinkgelder persönlich vereinnahmt oder gesammelt und aufgeteilt werden.

Durch eine Vereinbarung könnte man aber Trinkgelder als Sachbezug gemäß § 107 Absatz 2 GewO anrechnen. Folge wäre dann zunächst, dass solche Sachbezüge im Krankheitsfall nach § 4 EntgeltfortzahlungsG fortzuzahlen wären. Für die Wirksamkeit käme es dann maßgeblich auf den genauen Inhalt einer solchen Vereinbarung an, die aber kaum rechtssicher zu formulieren wäre.