Urlaub bei fristloser Kündigung

Urlaub in der Kündigungsfrist
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Urlaubsgewährung und fristlose Kündigung widersprechen sich? Nicht in dem Fall, in dem gleichzeitig auch vorsorglich fristgemäß gekündigt wird, meint das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 2020.

Urlaubsabgeltung und hilfsweise Urlaubsgewährung

Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber Urlaubsabgeltung gezahlt und in der Kündigung darauf hingewiesen, dass die gezahlte Urlaubsabgeltung im Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung dann als Zahlung der Urlaubsvergütung während der der laufenden Kündigungsfrist zu verstehen sei.

Der Arbeitnehmer machte geltend, dass gezahlte Urlaubsabgeltung nicht gleichzeitig Urlaubsvergütung sei und nach Zugang der fristlosen Kündigung keine Arbeitspflicht bestanden habe. Ohne Arbeitspflicht gäbe es jedoch keinen Urlaub. Außerdem habe er sich unverzüglich bei der Arbeitsagentur melden müssen und deshalb keine Freizeit gehabt.

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hält diese bedingte Urlaubsgewährung für zulässig. Da der Arbeitnehmer keine andere Urlaubsplanung vorgelegt habe, könne der Arbeitgeber einseitig Urlaub festlegen. Eine vorsorgliche Urlaubsgewährung für den Fall einer Unwirksamkeit einer Kündigung sei wirksam, wenn die Befreiung von der Arbeitspflicht unwiderruflich sei und vorbehaltlos die Zahlung der Urlaubsvergütung erfolgt wäre.

Bedingte Urlaubsgewährung zulässig

Das Bundesarbeitgericht meint, dass bei Urlaubsgewährung noch keine abschließende Gewissheit darüber bestehen muss, ob der Arbeitnehmer in dem Zeitraum überhaupt arbeiten müsse. Es sei auch unbeachtlich, ob der Arbeitnehmer während seines „Urlaubes“ Pflichten gegenüber der Arbeitsagentur zu erfüllen habe, für die Arbeitsagentur verfügbar sein müsse  und sich um neue Arbeitsmöglichkeiten zu kümmern habe.

Eine uneingeschränkte  Möglichkeit zur selbstbestimmten Nutzung der Freizeit sei eben nicht erforderlich, da dies das Lebensschicksal des Arbeitnehmers beträfe.

Urlaub während der Pandemie 2020

Urlaub auf dem Balkon
Urlaub auf Balkonien? – Foto von Daria Shevtsova von Pexels

Im Zusammenhang mit dem Lockdown stellen sich diverse Fragen zum Urlaub im laufenden Arbeitsverhältnis:

Anordnung von Betriebsferien

Zum einen kann es den Wunsch geben, für die Zeit von behördlich angeordneten Schließungen von Geschäften aber auch beim Auftreten von erheblichen Umsatz- und Ertragseinbußen zwangsweise Betriebsferien anzuordnen. Dies wäre in folgenden Konstellationen möglich:
• Wenn es noch keinen genehmigten Urlaubsplan gibt und eine Ankündigungsfrist von etwa zwei Wochen gewahrt ist und nicht der gesamte Jahresurlaub für die Betriebsferien eingesetzt wird, dürfte dies zulässig sein. Denn nach dem Bundesurlaubsgesetz sind zwar die Urlaubswünsche eines Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Dies gilt jedoch nicht, wenn „ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange“ entgegenstehen. In Betrieben mit Betriebsräten ist eine vorherige Beteiligung des Betriebsrates erforderlich.
• Wenn es einen genehmigten Urlaubsplan gibt, ist eine Abweichung und die Anordnung von Betriebsferien ungeachtet der obigen Voraussetzungen nur einvernehmlich möglich. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer eine Verlagerung des Urlaubes zustimmen muss. Dies stellt eine komfortable Verhandlungsposition dar, mit der unter anderem die Übernahme von Storno-Kosten bei Pauschalreisen erreicht werden kann. Andererseits ist zu berücksichtigen, ob mittel- oder langfristig eine Verweigerungsposition in der derzeit wirtschaftlich schwierigen Situation für von Betriebsschließungen und/oder Umsatz-Einbußen betroffene Betriebe sinnvoll ist.


Urlaub und Kurzarbeit

Zum anderen stellt sich die Frage, ob während der Kurzarbeit eine Urlaubsgewährung möglich ist und für die Zeiten einer angeordneten Kurzarbeit „Null“ Urlaubsansprüche entstehen:
• Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeit durch die zuständige Arbeitsagentur ist, dass jedenfalls alle Resturlaubsansprüche aus dem Jahr 2019 erledigt und eingebracht sind. Nach der neueren Rechtsprechung verfällt im bestehenden Arbeitsverhältnis der Resturlaubsanspruch zum Ende eines Kalenderjahres nur, wenn dem Arbeitgeber der Nachweis für eine entsprechende Mitteilung gelingt, wonach der Urlaub rechtzeitig bis zum Ablauf eines Jahres genommen soll und ansonsten verfällt.
• Wenn Urlaub aus dem laufenden Jahr während einer angeordneten Kurzarbeit Null gewährt wird, ist dieser natürlich in Höhe des ungekürzten Verdienstes zu vergüten.
• Bei länger andauernder Kurzarbeit „Null“ ist zu beachten, dass nach der neuen europarechtlichen Rechtsprechung für diese Zeiten kein Urlaubsanspruch entsteht und daher eine anteilige Kürzung des Jahres-Urlaubsanspruches für Zeiten der Kurzarbeit „Null“ erfolgt.


Nichtantritt des Urlaubs

Viele Arbeitnehmer sind auch davon betroffen, dass sie aufgrund der Hotel-Schließungen bzw. Einreisebeschränkungen kein Interesse haben, den eigentlich geplanten und genehmigten Urlaub anzutreten.
• Der „Nichtantritt des Urlaubs“ ist aber nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich. Hintergrund hierfür ist, dass der Urlaub im arbeitsrechtlichen Sinne nicht voraussetzt, dass bestimmte und besondere Erholungsbedürfnisse des Arbeitnehmers befriedigt werden. Urlaub bedeutet lediglich die Freistellung von der Arbeitspflicht.
• Aus den gleichen Gründen wäre auch ein „Ansparen des Urlaubs“ und ein Antritt im Jahr 2021 vorbehaltlich der oben angesprochenen Mitteilungspflichten des Arbeitgebers nicht möglich.

Urlaubsübertragung auf das folgende Jahr oder Verfall des Urlaubsanspruches?

Nach einem jetzt veröffentlichen Urteil, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 6. November 2018,  Az.  C‑684/16) entschieden, dass die Vorschrift des § 7 Absatz 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)  von den deutschen Arbeitsgerichten nur so ausgelegt werden dürfte, dass ein Urlaubsanspruch nicht mehr automatisch zum 31.12.verfällt.

Denn das Recht jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub sei  nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union anzusehen. Ein Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub sei mit diesen Grundsätzen unvereinbar.

Ein Arbeitgeber sei „in Anbetracht des zwingenden Charakters des Rechts auf bezahlten Jahresurlaub und angesichts des Erfordernisses, die praktische Wirksamkeit von Art. 7 der Richtlinie 2003/88 zu gewährleisten, u. a. verpflichtet, konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun, und ihm, damit sichergestellt ist, dass der Urlaub ihm noch die Erholung und Entspannung bieten kann, zu denen er beitragen soll, klar und rechtzeitig mitteilt, dass der Urlaub, wenn er ihn nicht nimmt, am Ende des Bezugszeitraums oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfallen wird.“ Die Beweislast für solche Aufforderungen trage der Arbeitgeber.  Immerhin formuliert der EUGH ausdrücklich,  dass diese Verpflichtungen der Arbeitgebers nicht so weit gehen könnten, dass die Arbeitnehmer gezwungen würden, ihren Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich wahrzunehmen.

Die Arbeitsgerichte hätten daher die Regelung des § 7 Absatz 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)  eine Regelung unangewendet zu lassen, soweit keine Aufforderung des Arbeitgebers nachzuweisen ist, Urlaub zu nehmen.

Mindestlohn bei Entgeltfortzahlung, Feiertage und Urlaubsentgelt

Es wird diskutiert, ob bei Arbeitsausfall aufgrund von Arbeitsunfähigkeit, Feiertagen oder Urlaub nicht der Mindestlohn sondern der ggf. geringe vertragliche Lohn gezahlt werde müsse. Hintergrund für diese Vorstöße ist eine fehlende ausdrückliche Regelung im Mindestlohngesetz und eine möglicherweise überbewertete Formulierung in der Gesetzesbegründung, dass Mindestlohn „für geleistete Stunden“ gezahlt werden sollte.

Das Bundesarbeitsgericht hat nun (Urteil vom 13.05.2015, Az. 10 AZR 191/14) zur Mindestlohnverordnung für pädagogisches Personal darauf abgestellt, dass zwar eine ausdrückliche Regelung der Vergütungshöhe nicht erfolgt sei. Es sei aber weder aus Gesetzeswortlaut oder Gesetzesbegründung ein Regelungswille zur Modifikation von Entgeltfortzahlungsgesetz oder Bundesurlaubsgesetz zu entnehmen, so dass auch bei Arbeitsausfall aufgrund von Arbeitsunfähigkeit, Feiertagen oder Urlaub der Mindestlohn zu zahlen sei.

Diese Grundsätze lassen sich gut auf die noch offenen Fragen beim Mindestlohngesetz übertragen.